Finanzierungsbedarf der Unternehmen

Bei Vernachlässigung staatlicher Einnahme-/Ausgabe-Salden resultiert der Finanzierungsbedarf der Unternehmen grundsätzlich aus dem Geldsparen der Privaten Haushalte.1 Die Ausgaben der Konsumgüterindustrie in Form und Höhe von Faktorlöhnen fließen an die Unternehmen in voller Höhe nicht zurück  und insofern determiniert jene Ausfallhöhe die Mindesthöhe des Finanzierungsbedarfs der Unternehmen:
 
Etwaiger Unternehmensgewinn, Rückstellungen oder etwaige Investitionsausgaben (Einnahmen der Investitionsgüterindustrie) finden sich in darüberstehender Abbildung noch unberücksichtigt. Grundsätzlich kann der Finanzierungsbedarf der Konsumgüterindustrie rein saldenmechanisch von vermehrten Ausgaben (Ausgabenüberschüssen) aus dem Sektor der Investitionsgüterindustrie gedeckt werden - der Finanzierungsbedarf der Konsumgüterindustrie verschiebt sich dann (per Saldo in identer Höhe) und wird Teil des Finanzierungsbedarfs der Investitionsgüterindustrie.
Während eines wirtschaftlichen Aufschwungs, wenn also vermehrt kreditfinanzierte Investitionen (Ausgabenüberschüsse) getätigt werden, kann bei ausgeglichenem Staatshaushalt und neutraler Exportbilanz der Finanzierungsbedarf der Konsumgüterindustrie also auch durch kreditfinanzierte Defizite (erhöhte Ausgabenüberschüsse) der Investitionsgüterindustrie gedeckt werden:
Die Investitionen der Konsumgüterindustrie ermöglichen der Investitionsgüterindustrie Einnahmen in gleicher Höhe und reduzieren deren Ausgabenüberschüsse (der Gesamtsaldo der Höhe der Ausgabenüberschüsse bleibt gleich). 
Um Gewinne und Investitionen (der Konsumgüterindustrie) bereinigt ergibt sich folgendes Bild:
Rein bilanztechnisch wird das Vermögen der investierenden Unternehmen durch vermehrte Investitionen nicht geschmälert, da in der Unternehmensbilanz den erhöhten monetären Verbindlichkeiten [Passiva] bewertetes Sachvermögen [Aktiva] gegenüberstehend (zum jeweiligen konjunkturellen Zeitpunkt in gleicher Höhe) gebucht wird.  
Die Investitionen der Unternehmen (sofern diese im Ausgabengleichschritt getätigt werden) finanzieren sich (untereinander) von selbst, denn es gilt wiederum: Ausgaben => Einnahmen.
 
Der Boom resultiert also aus wiederkehrenden Ausgabenerhöhungen und damit gesamtwirtschaftlichen Nachfragesteigerungen (bei gleichbleibender oder sogar sinkender Sparquote der Privaten). Der Abschwung wird eingeleitet, wenn Ausgaben (Einnahmen komplementärer Gruppen) reduziert werden. Wenn die Unternehmen aufgrund mangelnder Ertragserwartung ihre Investitionen zu reduzieren beginnen, wird es problematisch, wenn kein anderer Sektor kompensierend einspringt. Sinken die Unternehmerinvestitionen, sinken Einnahmen weiterer Unternehmen und infolge sinkt gesamtwirtschaftlich auch die Kaufkraft der Konsumenten (Lohnsenkungen, Personalabbau). Bei unveränderter Steuerquote sinken nun genauso die Einnahmen des Staates. Eine Erhöhung der Steuerquote (gegenüber den ausgebenden Konsumenten) entziehe der Ökonomie zunächst die Ausgabe- sowie Einnahmemöglichkeiten. Der Versuch der Haushaltskonsolidierung(en) kann sich während eines konjunkturellen Abschwunges nur fatal auswirken.2
 

1 Wolfgang Stützel: Volkswirtschaftliche Saldenmechanik. Ein Beitrag zur Geldtheorie. Tübingen 2011, S. 80: „Die Unternehmergewinne bleiben stets nur genau um jenen Betrag hinter dem Unternehmeraufwand für Konsum und Investition zurück, um den die Nichtunternehmer Einnahmeüberschüsse bilden.“

2 Wilhelm Lautenbach: Probleme der Überliquidität (PDF; 68 KB) In: Wirtschaftskurve 1936, S. 7: „Würde der Staat sich plötzlich als Auftraggeber in ganz großem Umfang zurückziehen, so würde dies peinliche Schockwirkungen hervorrufen; nur in dem Maße, in dem die private Wirtschaft ihn als Investor ablöst, kann er sich zurückziehen, ohne Rückschlagsgefahren heraufzubeschwören.“